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WINTERSONNENWENDE

Die grösste Festzeit der Germanen im Altertum fiel in die "Zwölften", in die heiligen zwölf Nächte und Tage der Wintersonnenwende. In diesen Tagen durfte sich kein Spinnrad oder Wagenrad drehen. Keine Werksarbeit im Hof oder auf dem Acker durfte die Wintersonnenwende entweihen. Diese Bräuche übertrugen sich auf das Weihnachtsfest. Jedes Stück Ackergerät oder Werkzeug wurde vor dem Weihnachtsfest auf den Hof gebracht, nichts durfte auf dem Felde liegen bleiben. Es hiessim Dorfe "Wer zwischen Weihnachten und Neujahr den Zaun bekleidet (Werksarbeit jeglicher Art), wird im neuen Jahr den Kirchhof bekleiden. Wenn der Sturm nachts mit tiefem Orgelton durch die Eichen braust, sagt man im Dorf "der Helljäger zieht mit der wilden Jagd vorbei."

WEIHNACHTSFEST

Am Heiligabend gab es siebenerlei Gerichte mit Kaltschale. Diese an Festtagen beliebte Speise bestand aus Branntwein, schwarzem Kaffee, Zucker und viereckig geschnittenen Honigkuchenstücken in einer Zinnschale. Die Schale ging reihum und jeder löffelte sich von dem Inhalt etwas heraus.
Auch für Pferde und Rinder wurde ein Futter aus sieben verschiedenen Sorten zurecht gemacht.
Der erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hier eingeführte Weihnachtsbaum wurde am Heiligabend geputzt und angezündet. Hierzu wurden auch die auf dem Hofe ansässigen Arbeiterfamilien, in treuer Gemeinschaft, eingeladen. Es gab Kaffee und der Festkuchen wurde probiert. Die Bescherung erfolgte am 1. Feiertag morgens. Nach der Bescherung folgte der Kirchgang.

FASTNACHT, SILVESTER, OSTERN, PFINGSTEN

Fastnacht wurde, da es im Dorfe keine Gastwirtschaft gab, abwechselnd auf einem Hofe gefeiert. Hierzu traf man sich am Fastnachtsonntag drei Uhr nachmittags auf einem Hofe und tanzte, mit Unterbrechungen, die ganze Nacht hindurch.
Am Montag sammelten die jungen Leute, kostümiert, Lebensmittel in der ganzen Gemeinde. Am Nachmittage wurde damit ein gemeinsames Vesper gehalten,an dem sich alle Dorfgenossen kameradschaftlich beteiligten. Nachher wurde der Tanz bis zum Morgen fortgesetzt oder es wurde Karten gespielt.
In der Silvesternacht ging ein Trupp junger Leute von Haus zu Haus und brachte den Bewohnern ein Ständchen mit Musikbegleitung und erhielt dafür ein Entgelt.
Ostern fand ein Eiersuchen der Kinder statt.
Pfingsten wurde das Vieh zum ersten Male auf die Weide getrieben. Eine Volksbelustigung wurde damit geschaffen, dassein bekränzter Pfingstkerl durch das Dorf geführt wurde. Dazu wurden vorher von den Kindern im Dorfe Eier gesammelt und von dem Erlös wurden die Kosten der Kostümierung bestritten.

HOCHZEITSFEIER

Hochzeitsfeiern wurden mit grossem Aufwand begangen. Manchmal feierte man drei Tage und lud hierzu 200 bis 300 Personen ein, die sich oft Essbestecke und die Betten zur Übernachtung mitbrachten. Zur Bewirtung wurden dann 300 Kuchen gebacken und 2 Rinder, 10 Schweine, Kälber und Gänse geschlachtet. Die Braten wurden in den Backöfen hergestellt. Für die Arbeiten waren bei solch grossen Hochzeiten etwa 100 Personen !!! erforderlich z.B. Abwaschfrauen, Kartoffelschälfrauen, Feuer.... u.s.w.
Die Einladungen zur Hochzeit wurden durch den Hochzeitsbitter ausgeführt, der bunte Bänder auf der linken Schulter trug. Die Vermittlung der Ehe besorgte manchmal im Auftrage des werbenden Teils der Freiwerber, der freie Hochzeit hatte und von dem daher kein Hochzeitsgeschenk erwartet wurde.
Die Mitgift wurde auf mehreren Erntewagen angefahren, auf denen sich die Möbel und grosse Truhen mit Leinen und fertig genähter Wäsche befanden. Auf einem Kastenwagen fuhr eine Frau mit (die Kistenmutter), welche die Schlüssel in Verwahrung hatte. Sie verteilte an die Kinder in den bei der Durchfahrt berührten Dörfern Dörrobst und in jedem Dorf an die Frauen ein Brot (Kuwel). Wenn die Kistenmutter auf dem Hofe ankam, kam die Hochzeitsmutter ihr entgegen. Die Kistenmutter brachte zuerst die für das junge Paar bestimmte Bibel ins Haus.
Am Hochzeitstage wurden Braut und Bräutigam getrennt aus ihren Dörfern in die Kirche gefahren. Die Braut benutzte dabei ihren zur Mitgift besorgten Wagen. Die Kutscher erhielten je ein Hemd aus dem feinsten Leinen der Braut. Das Leinen wurde an einem der Pferde befestigt. Der Kutscher, welcher die Braut holte, fragte sie am Dorfeingang "wohin soll ich dich bringen", sie antwortete "zu Gott und guten Leuten". Nach diesem Zwiegespräch erhielt der Kutscher einen Taler. Erst nach der Hochzeit durch die Trauung fuhr das Brautpaar zusammen in das Hochzeitshaus. Unterwegs wurde der Weg in den Dörfern von den Kindern durch ein Seil gesperrt. Der Bräutigam löste denn freie Fahrt ein durch eine Handvoll Geld oder eine Flasche Schnaps.

GETREIDEERNTE

Zur Roggenernte waren 8 bis 10 Schnitter erforderlich. Bei jedem Schnitter war eine Frau zum Aufnehmen und eine zweite zum Binden des Korns. Ferner wurden 4 Hocker (Getreideaufsetzer) gebraucht.
Die Beköstigung in dieser körperlich anstrengenden Zeit war besonders reichlich. Ehe es auf das Feld ging, wurde im Hause Kaffee getrunken, Nach der ersten Morgenarbeit wurde auf dem Felde gefrühstückt. Hierzu gab es alles, was Küche und Keller bot. Ein Sondergericht war warmer, mit Zucker bestreuter Eierkuchen.
Zum Mittagessen im Hause gab es Suppe, Warmpudding, geräuchertes Rindfleisch, Kompott und Bier aus Zinnkrügen. Während die Schnitter in der Mittagspause ruhten, bekränzten die Mädchen ihre Hüte mit Bändern und Blumen, sie selbst legten weisse Schürzen und vom Hofe gespendete Erntetücher an.
In der Nachmittagsarbeitspause wurde auf dem Felde gevespert in ähnlicher Form wie beim Frühstück. Nach dem letzten Schnitt - gewöhnlich am zweiten Tage - ging es mit Musik unter den Klängen der Handharmonika nach Hause, wo es Kaffee und Kuchen gab. Am Abend wurde bei Erntebier und Tanz gefeiert. Die Kinder der Erntehelfer wurden nach den Erwachsenen bewirtet.